Hart aber herzlich: Mode-Blogger Fabian Hart ist derzeit einer der Internet-Stars seiner Generation. Ein Gespräch über die Verschiebung der Kommunikation ins Digitale und Mode als Ausdrucksmittel. Von Niklas Cordes
Die Welt: Herr Hart, gönnen Sie sich eigentlich auch mal Offline-Tage?
Fabian Hart: Nein. Ich mache keine Unterscheidung mehr zwischen Kommunikation Face-to-Face und im Netz. Wir reden via Skype mit unseren Familien und Freunden, haben Internetsex. Unsere Generation besteht aus Hybrid-Wesen. Eine E-Mail kann mich manchmal härter treffen als ein Vier-Augen-Gespräch.
Die Welt: Fabianhart.com gehört zu den beliebtesten Modeblogs. Sie haben aber auch für Print-Publikationen wie GQ-Style oder Gala Men gearbeitet. Wie ist Ihr Verhältnis zu gedruckten Magazinen?
Hart: Ich hab immer schon beides konsumiert, Online-Content und Gedrucktes. Das Netz war der erste Sprung in die Freiheit. In den vergangenen acht Jahren habe ich für all die Printmagazine gearbeitet, für die ich arbeiten wollte. Heute lese ich kaum noch Blogs und Modezeitschriften. Das ist Selbstschutz. Ich will kein Wort übernehmen oder mich zu sehr einschränken durch andere Ideen. Mein Blog ist eine One-Man-Show. Ich lege die Themen fest, schreibe sie auf. Aber natürlich unterstützen mich Leute, um das visuell auf ein gutes Level zu bringen.
Die Welt: Die Modewelt ist voll von Bloggern, herrscht da nicht ein großer Konkurrenzdruck?
Hart: Die degradierende Behandlung mancher Printredakteure ist das wirkliche Problem. Zu meinen Kollegen: Ich finde es gut, dass jeder von uns seine eigene ID hat und wir uns so nicht in die Quere kommen. Am Ende gibt es viele Blogs, aber es sortiert sich aus. Diejenigen, die vor einem Jahr angefangen haben, merken, wieviel Arbeit das ist. So ein Blog muss jeden Tag befeuert werden.
Die Welt: Sie lehren „New Media“ und „Online Fashion Journalism“ an der AMD in Hamburg, nutzen selbst Social-Media-Kanäle wie Twitter und Instagram. Welche Tipps geben Sie?
Hart: Das Wichtigste ist zu verstehen, dass man für die Dinge, die man postet, verantwortlich ist. Man ist nicht nur Konsument des Internets, sondern auch Editor seiner Geschichte.
Die Welt: Können Sie vom Bloggen leben?
Hart: Ich habe lange auf zu vielen Hochzeiten getanzt, den Fokus auf meine Seite verloren. Jetzt bin ich auf dem Weg. Ich lasse mich nicht von PR-Tanten einlullen und promote irgendein Label, nur weil ich ein paar Schuhe geschenkt bekommen habe. Ich kann unterscheiden, ob mir jemand etwas andrehen will oder es ernst meint.
Die Welt: Sie heißen eigentlich Fabian Kölmel. Warum ein anderer Nachname im Netz?
Hart: Meine Online-Figur, das Online-Ich, wurde vom Nebenprodukt zum großen Ding. Online bin ich hart. Hart steht für Härte, Stärke. Es bedeutet, dass ich stabil bin in meiner Entscheidung, Meinung und Themenauswahl. Ich arbeite journalistisch und lasse mich nicht beeinflussen. Ich bin unabhängig.
Die Welt: Ihr Blog ist eine Mischung aus Mode und scharfer Analyse von Zwischenmenschlichkeiten. Ist das Ihr Erfolgsrezept?
Hart: Mode ist die Art und Weise, wie wir für eine bestimmte Zeit bestimmte Dinge tun, aufnehmen und bewerten. Sie ist eben mehr als einfach nur die Klamotten, die wir tragen. Um eine größere Leserschaft zu erreichen, kommerzialisiere ich das Blog. Die Beiträge sind oft so spitz, dass sie nicht „easy to love“ sind.
Die Welt: Was ist für Sie ein Mode-Fauxpas?
Hart: Bei Männern: Herrenschals. Das sind keine Schals, sondern Schälchen. Das tragen modebewusste Typen, die versuchen, sich zu inszenieren. Diese Teile wärmen nicht, sie machen keinen Sinn. Bei Frauen finde ich mit Goldschnallen veredelte Turnschuhe schlimm, die dadurch eine Legitimation bekommen, beim Job oder beim Dinner getragen zu werden. Man klaut den Schuhen die Identität.
Die Welt: Welche Teile gehören zu Ihren All-Time-Favorites?
Hart: Smoking-Anzug, Trenchcoat und Jeanshemd sind immer gut. Dazu noch ein gut sitzendes T-Shirt, nicht zu eng oder zu weit, in mehreren Farben. Eine Lederjacke ist auch nicht verkehrt und eine Sonnenbrille, die nicht zu groß oder zu klein ist.
Die Welt: Sie kommen aus Baden-Baden, jetzt ist Hamburg Ihre Wahlheimat. Was macht Sie an der Stadt so an?
Hart: In Baden-Baden war ich auf dem Internat. Mit meiner Geschichte kann ich nicht einfach nach Berlin gehen. Beide Orte würden mich erdrücken. Hamburg ist perfekt. Ich will nirgendwo anders wohnen. Hier hast du alles. Indie, abgeranzt, hip, schick, alt. Es ist ruhig und hype-frei. Es ist der Klassiker unter den deutschen Städten, der in deinem Schrank hängen muss.
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