Die gern als „Weltregierung des Internets“ bezeichnete Internet-Verwaltung ICANN soll eine neue Aufsicht erhalten. Wie das US-Handelsministerium mitteilte, will die USA die Aufsicht abgeben und zieht damit auch Konsequenzen aus der NSA-Affäre.
Das US-Handelsministerium hat seit der Gründung der ICANN (Internet Corporation for Assigned Names and Numbers) 1998 die Aufsichtsrolle übernommen. Damit hatte die Regierung als einziger Einsicht und Kontrollmöglichkeit in die Organisation, die Domainnamen wie .com verwaltet und IP-Adressen zuteilt. Nun heißt es in einer Stellungnahme von Freitag, diese Kontrollfunktion solle künftig international geführt werden. Die dpa berichtete, die USA wolle nicht länger die Aufsicht führen. Die Übernahme der Kontrollfunktion vor über 16 Jahren sollte nicht auf Dauer angelegt werden, ein Wechsel sei von vornherein angedacht gewesen. Die Wirklichkeit sah aber ganz anders aus. In den letzten Jahren kamen zwar immer einmal wieder Stimmen auf, die einen Wechsel forderten. Es blieb aber nur bei der Kritik und bei der Äußerung des Wechselwunsches. Von einer gewollten Abgabe des Aufsichtspostens war bislang nicht die Rede.
Nun wächst aber der Druck von allen Seiten auf die USA immer stärker. Nur so lässt sich erklären, warum man nun – dazu noch ausgerechnet an einem Freitagabend – diese Meldung über die Neustrukturierung bei der ICANN veröffentlichte.
Unter anderem hatte die EU-Kommission eine Änderung an der Spitze der ICANN eingefordert. Zahlreiche Organisationen sprachen sich für einen neuen Kontrollobersten aus. Von einem freiwilligen Ausscheiden der USA als Aufsicht kann man daher kaum sprechen. Dennoch herrscht in den Medien der Ton der positiven Veränderungen vor, den die USA eingeleitet habe.
Schnell wird dieser Wechsel im Übrigen auch nicht zu vollziehen sein. Zwar sprach sich ICANN-Chef Fadi Chehadé bereits dafür aus, schon bei der kommenden ICANN-Konferenz Ende März den Wechsel zu besprechen. Gleichzeitig teilte die ICANN aber bereits mit, dass die Änderung an der Kontrollaufsicht erst nach dem Auslaufen des aktuellen Vertrags mit dem US-Handelsministerium eingeleitet werden könne. das wäre dann erst im September 2015.
Fadi Chehadé soll nun für einen offen geführten Prozess werben, mit dem seine Organisation eine internationale Aufsicht erhalten soll.